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Vorgestellt: Smart roadster-coupé V6
Datum: Dienstag, 29. Juli 2003 um 00:46 Uhr
Topics Presse


Noch ist das weitere Schicksal der erregenden Fahrmaschine nicht endgültig geklärt
Rot und Spiele

Dieses Auto belebt die Sinne. Es ist knallrot wie die Lippenstifte der Filmstars aus den fünfziger Jahren und wie zwei Drittel aller Ferrari. Es klingt wie die Neueinspielung von Bruckners vierter Symphonie durch Korn und Nirvana. Es duftet beim Beschleunigen nach Natur pur, beim Gaswegnehmen nach Eau de Shell und beim Querfahren nach Michelin for Men. Keine Frage - das Smart roadster-coupé V6 ist ein unverhohlenes Lustobjekt. Das hört sich nach großer Karriere und interessanten Stückzahlen an - ist aber leider nur ein Schwabenstreich, der nicht in Serie gehen soll. "Der Wagen hat keine Straßenzulassung," weiß Ulrich Gauffrés, der beim Entwicklungspartner Brabus für die Technik zuständig ist. "Es gibt kein Abgas- und kein Geräuschgutachten, und auch für den Crashtest hat die Zeit nicht gereicht. Weil der Aufwand für ein Einzelstück zu hoch gewesen wäre, wurden zehn Autos umgerüstet, die bei Veranstaltungen eingesetzt werden."


Wir sind mit dem Baumuster 05/10 zur ATP-Teststrecke bei Papenburg unterwegs. Der Smart V6 ist eine Fahrmaschine: keine Servolenkung, kein ESP, keine Kompromisse. Wo vorher der Kofferraum war, sitzt jetzt ein mit Schaum gefüllter Gummitank. Wo vorher das roadster-Verdeck verschwand, thront unter einer Glaskuppel der bei Mercedes aus zwei schlanken Dreizylindern zusammengefügte 1,4-Liter-V6. Wo wir Radio und Klimaanlage vermuten, kauern dicht an dicht ausgelagerte Nebenaggregate. Das Cockpit ist ein Happening in Rot: rot abgesteppte mit Alcantara bezogene Schalensitze, rote Hosenträgergurte, rot eingefasste Instrumente und Bedienungselemente. Der rote Bereich des Drehzahlmessers beginnt bei 6500/min, die rot gezackte Tachoskala reicht bis 240km/h, als rot beringte Adjutanten grüßen das Kühlwasserthermometer und die Ladedruckanzeige, die sich bei 1,1 bar am wohlsten fühlt.


Powered by Mercedes-Benz steht auf dem silbernen Schnurrwerk, das zwei Handbreit hinter unseren Trommelfellen sein Unwesen treibt. Mit einem zweistimmigen "Zei-zing!" quittieren die Turbolader jeden Hochschaltvorgang, mit einem enttäuschten "Aaah-oooh!" reagiert der Abgasgegendruck auf jedes Gaswegnehmen. Dazwischen liegen bis zu 125 kW (170 PS) und maximal 220Nm, die von 2250 bis 4500/min die Hinterreifen auf Temperatur bringen. Auf Zug gefahren, hält der Smart V6 selbst in schnellen Biegungen brav die Spur. Nur wer unvermutet lupft, sollte beizeiten gegenlenken, denn sonst könnte es passieren, dass die Kurve als gestürzt gewertet wird. Auch unter Last kommt der rote Renner schon mal quer, doch selbst im dritten oder vierten Gang bleibt der Drift beherrschbar.


Das modifizierte Fahrwerk versteht sich als vertrauensbildender Rundumschutz, die knackige Lenkung ist eine Symbiose aus Zaumzeug und Joystick und die aufgeregt zischenden Alcan-Scheibenbremsen verzögern so prompt, als wär’ das Leben ein Videospiel.


Um den Sechszylinder unterzubringen, haben die Brabus-Techniker den Motorraum entkernt, die Hinterachse samt Radaufhängung umkonstruiert, der Kühlung neue Wege gebahnt und statt dem Sechsgang-Getriebe die Fünf-Stufen-Schaltbox aus dem forfour cdi adaptiert. Die Mühe hat sich gelohnt: Der V6 spurtet in handgestoppten 5,8 Sekunden von Null auf 100 km/h und ist 225 km/h schnell. "Den Verbrauch kann ich nur schätzen," beteuert Gauffrés, an dem die viereinhalb Monate kurze Entwicklungszeit nicht spurlos vorübergegangen ist. "Wir wissen einfach noch zu wenig. Dieses Auto mag fertig aussehen, aber es ist ein Prototyp. Zum Nachladen der Batterie muss der Tank entfernt werden; wer den Luftfilter wechseln will, darf zuvor den Motor ausbauen. Der Serviceaufwand liegt ungefähr auf dem Niveau eines Porsche 959. Nein, auch zu den Herstellungkosten möchte ich keine Angaben machen. Unsere Controller nähern sich diesem Thema nur noch mit Baldriantropfen und schwerem Atemgerät..."


Wer den Smart V6 gefahren ist, mag kaum glauben, dass sich dieses Suchtmittel sein Grundkonzept mit dem city-coupé teilt. Doch frei nach Darwin und Brabus reifen die Kinder der Evolution unaufhaltsam zur Elite, die nicht nur einem Lotus Elise, sondern auch dem Porsche Boxster das Leben schwer machen würde. Deshalb hoffen wir auf Einsicht, Mut und ein Sonderbudget für eine Kleinserie von 250 bis 500 Autos, die ruhig doppelt so viel kosten dürfen wie der roadster-Grundvogel.

Georg Kacher
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