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22.05.2003 DIE ZEIT: Die rollende Kontaktanzeige
Datum: Freitag, 27. Juni 2003 um 14:59 Uhr
Topics Presse


Am Start in der Sportwagen-Klasse: Ralph Geisenhanslüke, ZEIT-Autor, im Smart roadster Coupé

Die rollende Kontaktanzeige

Kleiner Wagen, große Aufmerksamkeit: So ein süßes Auto möchte man am liebsten gleich mit nach Hause nehmen und auf die Carrera-Bahn stellen

Wie schnell? Wie viel PS? Was kostet der? Immer die gleichen Fragen. Größen- und Längenfragen, Quartettfragen. Immer von Männern. Männern, die sich mit dicken Oberarmen aus 3er-BMWs lehnen. Männern, die mit aufgerissenen Augen die Fenster ihres aufgemotzten Golf runterkurbeln. Männern in dunklen Limousinen, die zunächst anerkennend nicken, bevor sie höflich fragen, ob sie mal was fragen dürfen. Manche hängen sich auch während der Fahrt aus ihren Autos und rufen etwas gegen den Wind. Meist klingt es wie: »Geile Kiste!« Oder: »Cooler als ’n Porsche, ey.« An Ampeln gucke ich kaum noch nach rechts und links, weil ich ahne, welche Art Gespräch sich anbahnt. Danke, fährt sich prima, schönen Tag noch. Aber selbst wenn ich nichts sehen will, erblicke ich reihenweise aufgerichtete Daumen oder freundlich an Cabrio-Kappen getippte Grüße. Frauen reagieren insgesamt diskreter, aber ebenso enthusiasmiert. Sie stupsen sich gegenseitig an, lächeln, sagen: »Der ist aber süß!« Schon nach wenigen Kilometern mit dem Smart Roadster frage ich mich, wann wohl erste Blumengebinde und Plüschtiere zum offenen Dach hereinfliegen werden.

Dieses Auto ist Pop. Eine 1,19 Meter flache Flunder, die fast unter der Tischkante durchfahren könnte – und doch mehr Aufsehen erregt als eine neue CD von Robbie Williams.

Woran liegt das? Zuerst mal an seinem Gesicht. Das Auto lächelt. Die knuffigen runden Kotflügel wirken wie Zitate aus vergangenen Jahrzehnten, sind aber doch so modern interpretiert, als wäre diese rollende Kontaktanzeige noch gar nicht serienreif, sondern stünde als 3-D-Grafik herum, die ein junger, hipper Designer gerade auf seinem Power-Book gezaubert hat. Mehr noch: Der Smart Roadster ist selbst so etwas wie das Power-Book unter den Cabrios. Er verkörpert den reinen, unschuldigen Spieltrieb, kombiniert mit dem letzten Stand der Technik. Size matters, aber umgekehrt: Klein ist sexy. Nichts erscheint protzig, aggressiv oder nur im Geringsten an Wettbewerb interessiert. Eigentlich wirkt der Roadster gar nicht wie ein richtiges Auto. Eher wie etwas, das man auf seine Carrera-Bahn stellen möchte.

Aber er fährt höchst real auf Asphalt. So nah an der Fahrbahn, dass ihm keine Unebenheit entgeht. Doch diese Position hat ihre Vorteile. Zum Beispiel sind schon geringe Geschwindigkeiten sehr aufregend. Schnell gewöhnt man sich ab, vor Kurven zu bremsen. Wie bei einem Go-Kart kann man einfach das Lenkrad rumreißen, und der Wagen fährt in die eingeschlagene Richtung. Jede Kurve ein neues Abenteuer. Doch der Grund dafür, dass der Kleine auf seinen 205er Schlappen so glatt und sicher um beinahe jede Ecke kommt, liegt weniger beim Fahrer – der das vielleicht gern glauben würde – als in einem Stabilitätsprogramm. Es greift in entscheidenden Momenten ein; bremst einzelne Räder, wenn der Spieltrieb mal wieder zu groß wird, oder drosselt den Motor.

Einen Smart drosseln? Ja, das muss gelegentlich sein. Die Entwickler haben dem kernig dröhnenden Dreizylinder ein halbes Kölsch mehr Hubvolumen spendiert. Der dreht nun bereitwillig hoch wie eine Zwiebacksäge. Auf dem Armaturenbrett findet sich sogar eine Anzeige, die den Ladedruck des Turbos anzeigt – eine Information, auf die die Welt nicht unbedingt wartet. Die Wackeldackel-Automatik des Smart-Getriebes, die in früheren Entwicklungsstadien immer einen Moment philosophischen Innehaltens zwischen den Gängen einlegte, kommt nun zügiger zur Sache. Spurts oder Überholmanöver allerdings sind noch immer ein Wagnis, vor dem man in den manuellen Schaltmodus wechseln und darauf achten sollte, das Motörchen zwischen 4000 und 6000 Umdrehungen bei Laune zu halten. Aber Renn- und Revierverhalten liegen dem Roadster ohnehin nicht. Außer bei den Bremsen: Obwohl er hinten nur Trommeln hat, bringt er die 815 Kilogramm (ohne Fahrer) so schnell zum Stehen wie ein Oberklasse-Sportwagen.

Passive Sicherheit und solide Verarbeitung verraten, dass die Gene des Böblinger Bonsais von Mercedes stammen. Das steht auf dem Ventildeckel, das manifestiert sich noch bis in die Armlehne mit Klappfach, die auf dem Handbremshebel sitzt – und in dieser Plaste-Ausführung leicht auseinander fällt, wenn man bei dem Versuch, sich in Sitzhaltung zu pulen, mit dem Ellbogen dagegen stößt.

Des Smart Roadsters Bestimmung ist der zweckfreie Spaß. Und der liegt keinesfalls auf langen Autobahnstrecken, sondern auf der Landstraße. Der Spaß beginnt mit einer fernbedienbaren Heckklappe, die sich öffnet wie bei Superspezial-Autos in alten Agentenfilmen. Jungs mögen das. Der Spaß setzt sich fort mit einem Faltdach, das sich stressfrei bei jeder Geschwindigkeit öffnen und schließen lässt, sodass man auch vereinzelte Sonnenstrahlen nutzen kann. Wenn man schließlich die Seitenholme rausnimmt und in dem Fach unter der vorderen Klappe verstaut, dann wird aus dem Cleverle eine Windmaschine, in der Menschen ab 1,85 Meter kostenlos den Pony geföhnt bekommen.

Unter nichts leiden Roadster-Fahrer so genüsslich wie unter den Mängeln ihrer Seifenkisten. Wenn sie nach ein paar Tagen schmerzfrei ein- und aussteigen können, müssen wirkliche Motormasos sich mit dem Pörschchen schon ins innerstädtische Gewühl begeben. Die Rundumsicht entspricht etwa der einer Schießscharte. Beim Einbiegen in zugeparkte Straßen wird es schwierig, über die Motorhauben anderer Wagen hinwegzusehen. Bei schnellen Spurwechseln sollte man sich nicht auf die Spiegel mit dem überraschend großen toten Winkel verlassen. Wenn man sich beim Einparken, umwuselt von Radfahrern, umdreht, blickt man auf Kopfstützen. Die Lenkung, ohne Servo, geht dabei erstaunlich schwer. Kaum zu verstellen sind die Sitze. Und die näselnde Audio-Anlage – schweigen wir darüber. Was ist schon rational erklärbar an einem Fortbewegungsmittel, in dessen Handschuhfach tatsächlich nur ein Paar Handschuhe passt, dessen Stauraum für einen Karton Wein und ein Kilo Spargel reicht – mit dem man tatsächlich nichts weiter tun kann als einfach nur sinnlos rumzudüsen?

Vernünftig, um nicht zu sagen: schwäbisch ist beim Smart Roadster allenfalls der Verbrauch. Obwohl das Gaspedal ausgiebigen Bodenkontakt hatte, lag der Testkonsum bei etwa 6,5 Litern. Angesichts der hemmungslosen Leistungssteigerungen im Automobilbau erscheint der Smart mit seinen 82 PS richtig sympathisch.

Trotzdem, einen Smart Roadster stellt man sich vielleicht als Viert- oder Fünftwagen in den Fuhrpark, wenn man sonst keine Sorgen hat und einem ein Mazda MX 5, ein Beetle Cabrio oder ein gebrauchter SLK zu spießig erscheinen. Überlegungen, die vielleicht nicht so ganz ins Jahr 2003 passen. Dessen ungeachtet: Dieses Stromlinienbaby wird ein Klassiker. Fragen Sie mal die Leute auf der Straße.


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